Die Apple Watch Ultra 2 ist vor allem eins: Die sanfte Evolution des Vorgängers. Äußerlich ändert sich nichts. Wir schauen uns also insbesondere die inneren Werte an. Wir haben seit dem 22.09.2023 unser Sample und ziehen nach drei Wochen Dauertest unser Fazit.
Wir haben bei Apple Produkten den Hang dazu, die zweite Iteration unter die Lupe zu nehmen (siehe unser Testbericht zum Mac mini mit M2. Der Grund ist einfach: Mitunter haben auch Apple Produkte einige Kinderkrankheiten, die dann im Nachfolger behoben werden. So bietet auch die Apple Watch Ultra 2 Detailverbesserungen, wie ein noch helleres Display und einen 100 € günstigeren Preis. Bereits in der Newsvorstellung zur Apple Watch Ultra 2 haben wir das Produkt thematisiert.
Beim Auspacken fällt als Erstes ein großes Format auf, im Vergleich zur normalen Apple Watch. In der aufwendig gestalteten Packung liegt dann nicht nur die Watch und das Ladekabel bei, sondern noch eine Anleitung mit verschiedenen Kurzerklärungen und Outdoorszenarien.
Der erste Eindruck der Smartwatch ist vor allem eines: Groß. Zuvor hatten wir die Apple Watch Series 7 in der 45 mm Variante, die bereits stattlich auftritt. Die Apple Watch Ultra 2 mit ihren nominellen 49 mm wirkt nicht nur aufgrund der Displaydiagonale, sondern auch wegen der Dicke ein wenig klobig: 14,4 mm im Vergleich zu den 10,7 mm der normalen Series 9. Trotz des Leichtbaumaterials ist die Uhr auch schwerer als selbst ihr Edelstahlpendant mit 61,4 Gramm (Edelstahl 45 mm: 51,5 g, Aluminium 45 mm: 39 g). Die Ursache: Der 564-mAh-Akku (Ultra 1: 542 mAh, Series 9, 45 mm: 308 mAh). Die Apple Watch Ultra 2 hat zwei Lautsprecher für bessere Qualität bei Anrufen. Das GPS-System ist mit zwei Frequenz-Bändern ausgestattet (L1 und L5) für mehr Präzision. Mittlerweile hat die Watch drei Mikrofone, um Störgeräusche auszufiltern. Der Tiefenmesser wird Tauchern gefallen: Messung der Tauchtiefe bis 40 m Unterwassertiefe und der Wassertemperatur sind so möglich. Die Speicherkapazität der Watch hat sich im Vergleich zum Vorgänger verdoppelt und beträgt 64 GB (genau so viel wie die Standardausstattung des aktuellen iPad Air), davon ist ein Viertel für die Nutzer zugänglich (für Musik/Fotos/Apps)
Das Kernstück ist das Display, das mit 410 x 502 Pixel auflöst und 1185 mm² Displayfläche bietet (Series 9 45 mm: 396 x 484, 1143 mm² Fläche). Der zur Verfügung stehende sichtbare Bildschirm ist also nicht annähernd so stark gewachsen, wie man erwarten würde. Zum Vergleich: Bei der Series 9 liegt der Unterschied zwischen 41 mm und 45 mm bei 26 %, zwischen 45 mm und Apple Watch Ultra 2 bei 3,6 %. Dafür ist es beeindruckend hell und in jeder Situation gut ablesbar. Mit 3000 Nits maximaler Helligkeit ist es laut Hersteller „das hellste Display, dass Apple jemals entwickelt hat.“ Das OLED setzt auf LTPO Technologie (Low-Temperature Polycristalline Oxide) für die Backplane. Damit sind Frequenzen zwischen 1 Hz und 60 Hz möglich.
Prozessor und Gehäuse
Der S9 SiP ist ein Dual Core Prozessor mit 5,6 Milliarden Transistoren, und ein 4-Core Neutral Engine für lokale Anfragen an Siri an die Doppeltipp-Geste. Die GPU ist 30 % schneller und das Scrollen und Ladezeiten der Apps sind deutlich flüssiger, gerade im Vergleich zu unserer Apple Watch Series 7. Der neue U2 Ultra Wideband-Chip sorgt für genaues Finden von anderen Geräten mit gleichem Chip (aktuell nur iPhone 15 Modelle). In der Apple Watch Ultra 2 ist außerdem immer ein Mobilfunkmodem integriert. Wichtig: 5G wird nach wie vor nicht unterstützt, sondern nur LTE und UMTS. Der Arbeitsspeicher wächst von 1,5 GB auf 2 GB Kapazität.
Das Gehäuse bleibt identisch zur Apple Watch Ultra der ersten Generation. Das Titangehäuse hat erhöhte Kanten, um das, ohnehin schon stabile Saphirglas noch besser zu schützen. Im Vergleich zum hochglänzenden und glatten Edelstahl ist die Titan von der Haptik näher an der Aluminium-Version: matt und nicht ganz so glatt. Die Digital Crown und der Actionbutton setzen Akzente in Orange. Zum Schutz gibt es einen Vorsatz für die Digital Crown und die Seitentaste. Die Uhr ist getestet nach dem Militärstandard MIL-STD 810H und wasserdicht bis 100 m.
Der Staubschutz nach IP6X rundet das Paket ab. Titan als Material ist beständiger und stabiler als Aluminium oder Edelstahl. Allerdings sollte man, gerade im Outdooreinsatz, auf die Uhr achten. Kratzer fallen in matten Oberflächen schneller auf und Titan kann ebenfalls veredelt werden, wenn die mechanische Belastung zu hoch ist.
Funktionen der Uhr
Der Actionbutton (komplett orange) kann mit einem Kurzbefehl belegt werden. So kann man beispielsweise den Timer oder ein Training mit einem Knopfdruck starten. Lange gedrückt hat man Zugriff auf noch mehr Funktionen. Wenn man sich in neuer Umgebung bewegt, bietet der Kompass-Backtrack die Option die Route aufzuzeichnen, um ihr dann, falls man sich verirrt, Schritt für Schritt zurück zu folgen. Auch der Notruf befindet sich in diesem Menü im Schnellzugriff und die bis zu 86dB laute (und sehr nervige) Sirene. Ein langer Druck auf die Seitentaste auf der gegenüberliegenden Seite bietet dieselben Funktionen. Schade ist, dass man als Nutzer nicht etwas anderes auf den langen Druck legen kann und zwangsläufig Redundanz ohne Zusatznutzen in Kauf nehmen muss.
Die Seitentaste ermöglicht mit schnellem Druck den Zugriff auf das Schnellstartmenü, um beispielsweise das iPhone zu suchen oder die Uhr stumm zuschalten, mit einem Doppeldruck aktiviert man Apple Pay. Die Digital Crown ermöglicht über Drehen den Zugriff auf die geöffneten Apps oder durch einfachen Druck auf alle Apps. Mit zweifachen Druck gelangt man ebenfalls in ein Menü mit den geöffneten Apps, kann hier aber auch einzelne Apps beenden. Natürlich dient die Digital Crown weiterhin als EKG-Messer. Zusammenfassend muss man sagen, dass WatchOS 10 nicht mehr so intuitiv und einfach ist, wie es vorherige Versionen waren.
Einige Funktionen, wie der Doppeltipp oder Handover, werden erst in einem kommenden Update ausgespielt. Das ist ein wenig schade, da gerade diese Features von Apple auch auf der Produktseite stark beworben werden. Der Kompass und der Höhenmesser sind deutlich besser als zuvor und gerade die 3D-Ansicht mit Wegpunkten als Watchface inklusive Höhenansicht ist nicht nur eine nette optische Spielerei, sondern ein echter Vorteil für Wanderer. Praktisch ist dabei auch, dass die Uhr den letzten Punkt aufzeichnet, an dem man Mobilfunkempfang hatte. Zunächst denkt man, dass das nur irgendwo in Australiens Outback relevant ist. Wenn ihr euch jetzt fragt, wo wir genau testen: Brandenburgs Wälder mit einem O2-Vertrag (kein Reseller oder Drittanbieter) sind ein Ort, an dem der Empfang ein Glücksspiel ist.
Die Taschenlampe lässt sich auf die vollen 3000 Nits booten, indem man die Digital Crown „aufdreht“. Das ist in einer dunklen Umgebung schon schmerzhaft, wenn man direkt hineinblickt. Damit verdient die Taschenlampenfunktion zum ersten Mal ihren Namen. Die Outdoormöglichkeiten umfassen einen Temperaturbereich von -20 °C bis 55 °C und Höhen zwischen -500 m und 9000 m. In unserem Test hat die Apple Watch Ultra 2 auch klaglos einen 15-minütigen Saunabesuch bei 100 °C mit Aufgüssen überstanden.
Gehäuse und Display in der Praxis
Ich gebe es zu, ich bin Fans von Titan als Material. Da nimmt man auch die Gefahr von Kratzern und Dellen in Kauf. Orange als Akzentfarbe hätte es nicht unbedingt sein müssen. Ebenfalls hätte ich mir mehr als eine Farbe (Titan Natur) zur Auswahl gewünscht. Das größere Display fällt im Vergleich zur 45 mm Variante nicht ins Gewicht. Das gesamte Gehäuse ist nicht nur größer, sondern klobig und aus unserer Sicht nur für große Handgelenke geeignet. Wir empfehlen Damen und Herren mit schmalen Unterarmen sich in jedem Fall die Watch vor dem Kauf in einem Apple Store vorher anzusehen und auch auf dem Handgelenk wirken zu lassen. Auch die Dicke der Apple Watch nimmt viel von der ursprünglichen Eleganz der Smart Watch.
Nach zwei Jahren Laufzeit musste die verwendete Apple Watch Series 7 jeden Abend geladen werden und man kam dann gut über den Tag. Die Akkulaufzeit der Apple Watch Ultra 2 setzt sich hier klar ab. Im für uns „normalen“ Betrieb, das heißt, die Uhr wird nach dem Aufstehen angelegt und vor dem zu Bett gehen abgelegt, hat sie in jedem Fall 60 Stunden durchgehalten. Das heißt, dass wir tatsächlich erst nach 2,5 bis 3 Tagen die Uhr laden mussten und das im Testbetrieb, in dem man naturgemäß mehr mit der Uhr ausprobiert und das Display öfter aktiviert als im Alltag. Ebenfalls waren jeden Tag mindestens 30-Minuten-Training (meist Radfahren oder Joggen) Bestandteil des Tests. Das ist eine enorme Steigerung und lässt auch über das dickere und klobigere Gehäuse hinwegsehen.
Die Sensoren haben sich deutlich weiterentwickelt, was sicher sein Gutes hat. So gab es bei reiner Streckenaufzeichnung mit der Apple Watch beim Joggen keinen GPS Drift mehr, sondern man konnte exakt die Route nachverfolgen. Auf der anderen Seite haben wir es mehrmals geschafft, dass bei Gartenarbeit mit Spitzhacke und Spaten wir gefragt wurden, ob man gestürzt ist. Vermutlich sorgt in diesem Fall die Kombination aus hoher Beschleunigung der Arme und der erhöhten Herzfrequenz für dasselbe Ergebnis, wie bei einem Sturz. Davon ab hat die Uhr auch diesen Einsatz ohne Kratzer überstanden und die Erde ließ sich aus der Digital Crown entfernen. Unverständlich ist für uns, warum Apple keine größere Auswahl an Bändern für die Apple Watch Ultra 2 anbietet. Prinzipiell passen alle 45 mm Bänder, aber beispielsweise das silberne Milanaise Band passt hervorragend zur Edelstahlversion, aber nicht zur Titanvariante. Es gibt vom Metallgliederarmband nach wie vor nur eine Edelstahlvariante in Silber und Schwarz, die optisch nicht zur Uhr passen. Dafür werden dann bei Apple 350 € fällig. Sicherlich ist das Kritik auf hohem Niveau, aber bei einer Uhr zu einem Preis von 899 € können Interessanten aus unserer Sicht mehr Auswahl erwarten, die optisch stimmig sind, als jeweils sechs Stoff- und drei Gummiarmbänder (letztere haben noch nicht einmal einen Titananschluss in passender Farbe). Glücklicherweise gibt es dafür Drittanbieterlösungen.
Fazit
Die Apple Watch Ultra 2 untermauert den Anspruch, die weltbeste Smartwatch zu sein. Das Refresh der ersten Generation verbessert im Detail den Vorgänger und ist schneller und universeller einsetzbar. Kleinere Kritikpunkte beziehen sich in erster Linie auf das neue WatchOS 10 und die geringe Auswahl an Herstellerbändern.
Besonders hervorheben möchten wir die Laufzeit von bis zu drei Tagen, die wir auch in der Praxis bei normaler Nutzung erreichen konnten. Aufgrund der Größe der Uhr empfehlen wir aber jedem, sich die Uhr, zunächst real anzusehen und am Handgelenk wirken zu lassen.
Das Display ist sehr hell und bei uns jederzeit gut ablesbar, sowohl in sehr hellen als auch sehr dunklen Umgebungen. Ein Blick noch auf den Preis: Die Edelstahlvariante der Apple Watch Series 9 in 45 mm kostet ab 849 €, die Apple Watch Ultra mit mehr Laufzeit und nochmals hellerem Display ist ab 899 € erhältlich. Wir würden daher jedem Interessenten an der Edelstahlvariante die Apple Watch Ultra 2 ans Herz legen. Der Unterschied zur 45 mm Aluminium Version (ab 479 €) fällt da schon deutlich größer aus.
Neben den offiziellen Kanälen kann man die Apple Watch Ultra 2 auch bei Amazon erwerben. (Affiliate Link)
Apple Watch Ultra 2